Ich bin oft erschüttert, was ich sehe, wie pöbelhaft
sich junge Menschen an den alten Menschen vergehen. Wie oft sprang ich schon bei und fand und finde gute passende Worte. Voller Freude bemerke ich, dass sie auf guten Gedeih-Boden fallen und diese Gruppen sich im Benehmen ändern. Etwas derb, aber mit Herz.
Um die Einsamkeit und tiefe Traurigkeit des hohen
Alters zu überwinden, sind meine Hände immer tätig, kunstgewerblich, schreibend, vieler Dinge und auch den Haushalt eigenständig betätigend.
Meinem Herrgott danke ich von ganzem Herzen,
dass er mich führte auf dem Weg zum Sinn meines Lebens. Und den gehe ich, bis ich abgerufen werde. |
Er führte mich mit Gottes Hand und Hilfe und
eigener Energie durch ein langes, heute an der Schwelle des 91 Jahre stehend, hocherfülltes und viel gebendes Leben, das mich nie abgehalten hat, anderen Menschen beizustehen. Wie nötig dies gerade in der eisigen Jetztzeit ist, wo nur das eigene Ich fordert, sieht und liest man in den Zeitungen. Die Jugend tut mir eigentlich leid. Möge sie verschont bleiben von dem, was die alten Menschen alles hinter sich bringen mussten, als die furchtbaren Wirrnisse der grausigen Kriegsjahre niederprasselten und Feindbomben unsere schönen Städte in Trümmerwelten verwandelten und blühendes Leben nicht nur da, sondern auch auf den Schlachtfeldern dahin raffte.
Das große Leid, der Hunger und was noch alles
quälte an Not, wo nichts mehr da war. Heute ist Wohlstand, der auch hart erkämpft werden musste. Dieser Wohlstand ist nicht überall. Viele arme Völker hungern. Der Unterschied zwischen arm und reich ist riesengroß. |
Ein Mensch aus Meiningen (Thüringen)
KÄTHE SCHÄFER
Zweiter Weltkrieg Witwe
Mein Sinn des Lebens:
Viel wäre dazu zu sagen und zu schreiben,
denn wichtig ist zu erkennen, dass man ein Ziel von sich sehen muß, wenn das Leben noch so grausam packt und das Schicksalsbuch harte Zeilen schreibt. Ich war 31 Jahre, als sie bei uns dunkel sehr dunkel waren.
Man schrieb das Jahr 1942. Es war Krieg, ich
wohnte damals noch in Freiburg/ Breisgau, als ich die Nachricht erhielt, mein Mann sei gefallen, vorher hatte ich schon zwei Buben verloren. Da brach für mich eine ganze Welt zusammen, und ich wäre auch aus dem Leben gegangen. Aber da war noch mein kleiner mir verbliebener und schwer erkämpfter Bub Roland. Diese Zeilen, kann man sagen, werden mit Herzblut geschrieben.
Mein Büble krabbelte auf mich zu, strich mit den
Händchen über meine Augen und sagte:
„Mama weine, weine."
Da riss ich ihn ganz fest an mich, und der Sinn
meines weiteren Lebens stand vor mir. |
in memoriam
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